Urban Governance: New Regionalism

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Politologie

Im New Regionalism, der in den 1990er-Jahren aufgekommen ist, erfolgt die Steuerungsleistung auf freiwilliger Basis in relativ stabilen und auf Kooperation zielenden Akteurssystemen (Kübler 2003:539).

Problembeschreibung des New Regionalism

Die Lösungsvorschläge der Metropolitan Reform und des Public Choice bezogen sich auf die Bewertung der institutionellen Fragmentierung im urbanen Raum. Die Bewertung wurde anhand von Effizienz, Verteilungsgerechtigkeit und Partizipationsmöglichkeiten vorgenommen. Lowery (1999) kommt beim Vergleich der Bewertungen zum Schluss, dass kongruente Ergebnisse nie gefunden werden und dass es für jede Studie, die die eine These stützt, es Gegenstudien gibt, die die Gegenthese stützen. Lowery stellt fest, dass der Public-Choice-Ansatz hegemonial geworden ist. So bemächtigt sich Lowery dieser Theorie, um die Debatte zu verjüngen (Lowery 1999:30).

In den 1990er-Jahren hat man festgestellt, dass die politische Steuerung in urbanen Ballungs­räumen häufig in vernetzen Kooperationsstrukturen erfolgt (Kübler 2003:539). Jedoch erfolgt diese Zusammenarbeit weder auf einer neuen, autonomen Regierungsebene (wie dies die Metro­politan Reformers wünschen) noch auf der bestehenden, aber eingeschränkten Gemeindeebene (wie dies die Public-Choice-Vertreter sehen).

Lösungsvorschläge des New Regionalism

Es können keine konkreten Empfehlungen zur Ausgestaltung von Governance gegeben werden. Es gilt einzig, die beteiligten Akteure auf ein gemeinsames Ziel zu verpflichten. Im Fokus stehen die Kooperation und die Koordination von öffentlichen, privaten, wirtschaftlichen und staatli­chen Akteuren zu spezifischen Problemen. Die Arrangements sind immer auf den lokalen Kon­text massgeschneidert.

Kübler (2003:359) konstatiert, dass das erfolgreiche Zustandekommen von solchen Kooperationen immer schwieriger wird. Dies unter anderem, weil durch die Globalisierung und die Ausdifferenzierung gesellschaftlicher Sphären die Zahl der beteiligten Akteure zugenommen hat. Governance-Strukturen, wie sie der New Regionalism beschreibt, sollten relativ stabil sein, d.h. das Handeln soll wiederholbar sein und der Konsens sollte erhalten bleiben (Nelles 2012). Es ist wichtig, sich zu vergegenwärtigen, dass die Kooperationen freiwillig eingegangen werden und immer die Austrittsdrohung besteht.

Dennoch gibt es Evidenz, dass es förderliche und hinderliche Faktoren zur Etablierung von Governance-Kooperationen gibt. Förderlich sind die Definition von Rahmenbedingungen und die finanzielle Anreizsetzung, die die Kooperationsbereitschaft der Akteure erhöhen soll. Im Weiteren sind ein starkes politisches Leadership und das offensive Kommunizieren der klaren Strategien und Visionen sehr förderlich. Dabei kann es sich um einzelne Leaderpersonen, aber auch um Vermittler mit einer hohen Konsensorientierung handeln (Heinelt und Kübler 2005). Neben den Akteuren gilt auch den Opportunitätsstrukturen ein besonderes Augenmerk (Heinelt und Zimmermann 2011), wobei Opportunitäten schwer vorhersagbar und häufig episodisch sind.

New Regionalism ist ein zeitgemässer Ansatz zur politischen Steuerung im fragmentierten Raum. Dabei geht es um die freiwillige Kooperation von problembetroffenen Akteuren. Die Steuerungseinheit kann sich aus staatlichen, privatwirtschaftlichen oder zivilgesellschaftlichen Akteuren zusammensetzen. Wichtig ist, dass die relevanten Gruppen beteiligt sind. In dieser teleologisch konstituierten Governancestruktur bleibt vorläufig offen, ob die Lösung eher tech­nokratisch ist und damit wenig demokratisch legitimiert ist.

Kritik am New Regionalism

Savitch und Vogel (2009:112) differenzieren zwischen der Bereitstellung und der Produktion von öffentlichen Gütern. Dies ist insofern von Belang, als damit für die Produktion der öffentlichen Güter private Firmen beauftragt werden können. New Regionalists erhoffen sich von public-private Partnerships (PPP) Effizienzgewinne((Allerdings besteht bei monopolartigen Verträgen die Gefahr, dass sich die Leistung der Firma verschlechtert.)) und die Einhaltung von Budget und Terminen. Gleichzeitig kann mit PPP dem «ehernen Gesetz der Oligarchie» (Michels 1911), also der Herausbildung von Eigeninteresse (Budgetmaximierung und Rentseeking) und persönlichem Nutzen in der Führungsorganisation, entgegengewirkt werden.

Kritiker bemängeln, dass sich die öffentliche Hand in Abhängigkeit von privaten Unternehmen begibt, indem z.B. durch Informationsasymmetrie das Principal-Agent-Problem auftritt. D.h. es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Agent((Der Agent ist die ausführende Instanz, hier das private Unternehmen.)) im Interesse des Pricipals((Der Pricipal ist der Auftraggeber, hier die öffentliche Hand.)) handelt (Coase 1960).

Es besteht das fundamentale Problem, dass die funktionale Privatisierung, die mit den PPP beab­sichtigt wird, langfristig in eine formelle Privatisierung übergeführt wird. Brenner (2002) fürch­tet denn, dass der New Regionalism eine neoliberale Umstrukturierung des Urbanen ist, die den Staat zurückdrängt, und damit die Krise des Urbanen nicht löst, sondern verstärkt.

Literatur
  • Brenner, Neil (2002): «Decoding the newest ‚metropolitan regionalism’ in the USA: a critical overview», Cities, 19 (1): 3-21
  • Coase, Ronald H. (1960). «The Problem of Social Cost», Journal of Law and Economics, 3: 1-44
  • Heinelt, Hubert und Daniel Kübler (2005): «Conclusion», in: Heinelt, Hubert und Daniel Kübler (eds.): Metropolitan governance, capacity, democracy and the dynamics of place, London: Routledge
  • Heinelt, Hubert und Karsten Zimmermann (2011): «,How Can We Explain Diversity in Metropolitan Governance within a Country?’ Some Reflections on Recent Developments in Germany», International Journal of Urban and Regional Research, 35 (6): 1175-92
  • Kübler, Daniel (2003): «,Metropolitan governance’ oder: die unendliche Geschichte der Institutionenbildung in Stadtregionen», Informationen zur Raumentwicklung, 9 (8): 535-541
  • Lowery, David (1999): «Answering the public choice challenge: a neoprogressive research agenda», Governance, 12 (1): 29-55
  • Michels, Robert (1911): Zur Soziologie des Parteiwesens in der modernen Demokratie. Untersuchungen über die oligarchischen Tendenzen des Gruppenlebens. Leipzig: Werner Klinkhardt
  • Nelles, Jen (2012). «Cooperation and Capacity? Exploring the Sources and Limits of City-Region Governance Partnerships», International Journal of Urban and Regional Research, 0 (0) first online 2 MAR 2012, DOI: 10.1111/j.1468- 2427.2012.01112.x
  • Savitch, Hank und Ronald K. Vogel (2009): «Regionalism and urban politics», in: Davies, Jonathan S. und David L. Imbroscio (Hrsg.): Theories of urban politics. London: Sage, 106-124

 

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